Tell Me About Tell
Es ist soweit. Der Vorhang geht auf. Die Zuschauer beobachten gebannt das Geschehen auf der Bühne. Lachen. Weinen. Freudentränen.
Doch der Weg bis zur Aufführung ist mindestens genauso spannend wie der große Tag selbst.
Ich darf für meinen Blog beim Theater Krefeld und Mönchengladbach hinter die Kulissen von Wilhelm Tell schauen und nehme euch mit auf den Weg von der Probe bis zur Premiere.
Der Hintergrund des Werkes
Friedrich Schillers letztes Werk, mit dem er 1803 begann, wurde bereits kurz nach der Veröffentlichung am 17.03.1804 im Weimarer Hoftheater aufgeführt - das damals unter der Leitung von Johann Wolfgang von Goethe stand. Schiller verstarb allerdings bereits ein Jahr danach, am 09. Mai 1805. Sein Schauspiel ist die wahrscheinlich berühmteste Verarbeitung des Tell-Stoffes. So gibt es seit 1912 zum Beispiel die sogenannten "Tellspiele" in Interlaken. Ursprünglich wollte aber gar nicht Schiller den Tell-Stoff verarbeiten, sondern Goethe. Es sind einige Briefe aus dieser Zeit bekannt, aus denen hervorgeht, dass Goethe mit Schiller über diese Pläne gesprochen hat. Nachdem Goethe sich jedoch dazu entschieden hatte, diesen Plan nicht weiter zu verfolgen, erkundigte sich Schiller bei ihm, ob er den Stoff seinerseits verarbeiten dürfe. Am 19.02.1804 schickte er Goethe sein fertiggestelltes Manuskript, was bei diesem großen Anklang fand. Anders als das Drama vermuten lässt und auch im Gegensatz zu Goethe, hat Schiller die Schweiz tatsächlich nie selbst bereist.
In den Jahrzehnten und Jahrhunderten nach der Veröffentlichung stand das Stück "Wilhelm Tell" vor allem für eines: Revolution. Unter Napoleon sah man in Tell ein Symbol des Deutschen Widerstandes, sodass das Stück in den besetzen Gebieten schließlich verboten wurde. Danach beriefen sich Revolutionäre in ganz Europa immer wieder auf Wilhelm Tell, zum Beispiel 1830 bei der Julirevolution in Frankreich oder der russischen Revolutionär Netschajew in den 1870er Jahren. Als seine Auslieferung an den russischen Zaren gefordert wurde, versuchte sein Mitstreiter Michail Bakunin dies mit einem Verweis auf Tell zu verhindern - wenn auch erfolglos.
Zur Zeit des "Dritten Reiches" erfreute sich Wilhelm Tell zunächst großer Beliebtheit. Hitler selbst zitierte immer wieder daraus - bis das Werk am 03. Juni 1941 verboten wurde. Hitler befürchtete wohl, dass es seine Gegner zum Attentat auf ihn bewegen könnte. Ob das allerdings tatsächlich der Grund für das plötzliche Verbot gewesen ist, nachdem Tell zuvor mit Begeisterung zu Festen aufgeführt und in den Schulen behandelt worden war, bleibt Spekulation.
Über Tell
Ob Tell wirklich gelebt hat, ist fraglich. Historisch gesicherte Quellen gibt es darüber nicht. Vermutlich ist er nur eine Sagengestalt. Das erste Mal wird um 1470 im "Weissen Buch von Sarnen" ein Mann namens "Thall" erwähnt. Bei diesem Buch handelt es sich um ein Kopialbuch eines Oberwaldner Landschreibers, indem neben Kopien von wichtigen Beschlüssen unter anderem auch die Tell-Geschichte erwähnt wird. Etwa zeitgleich, allerdings unabhängig davon, taucht Tell auch im "Lied der Entstehung der Eidgenossen" auf. Danach wurde die Sage immer beliebter und verbreitete sich schnell. Um 1570 setzt der Chronist Aegidius Tschudi die Tell Sage schließlich aus den unterschiedlichen mündlichen und schriftlichen Quellen zusammen und bringt sie zu Papier.
Die Wurzeln des Apfelschussmotives, das in Tuschdis Fassung erstmals datiert wird, liegen allerdings nicht in der Schweiz, sondern um 1200 in Dänemark. In der sogenannten "Gesta Danorum" (Geschichte der Dänen), wird der Schütze Toko vom dänischen König Harald Blauzahn gezwungen, einen Apfel vom Kopf des eigenen Sohnes zu schießen. Auch, dass der Schütze sich einen zweiten Pfeil nimmt, um den Herrscher zu erschießen, sollte er verfehlen, stammt aus dieser Erzählung.
Die Figur Wilhelm Tell, die wir heute kennen, ist eine Schöpfung Schillers, die auf verschiedene, ältere Erzählungen zurückgeht. Von Schiller stammt aber zum Beispiel Tells Vorname Wilhelm und sein innerer Konflikt nach dem "Tyrannenmord".
Über mich
Ich bin Helen, 19 Jahre alt und mache zur Zeit am Theater Krefeld und Mönchengladbach ein Freiwilliges Soziales Jahr. Für mein FSJ-Projekt habe ich mich entschieden, diesen Blog ins Leben zu rufen, um den Zuschauern die Welt hinter der Bühne ein bisschen näher bringen zu können. Gerade in den Zeiten der Pandemie fehlt vielen der Besuch im Theater oder anderen Kultureinrichtungen. Ich hoffe, dass ich euch mit meinem Blog ein bisschen Theater ins Wohnzimmer holen kann.
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